Sicherheit im Reitsport
Reithelme & Sicherheitswesten
von Martina Grebler
Startseite  Impressum  Datenschutz  Links

Anzeigen / Werbung

Alternative: Rückenprotektoren

Während Sicherheitswesten nach EN13158 bzw. BETA Norm den gesamten Oberkörper schützen bieten "Rückenprotektoren" - wie der Name schon sagt - nur Schutz für den Rücken bzw. die Wirbelsäule. Dafür sind Protektoren leichter, luftiger und schränken die Bewegungsfreiheit kaum ein.
Im Motorrad-Sport sind Rückenprotektoren schon sehr lange verbreitet. Vor vielen Jahren entwickelte die Firma Teccila daraus den ersten Rückenprotektor speziell für den Reitsport. Dieser Bestand aus einer Reihe von Kunststoff-Schuppen am Rücken.
Im Laufe der Jahre kamen verschiedenste Bauarten und Modelle auf den Markt, manchmal recht eigenwillige Konstruktionen. Viele konnten sich nur kurze Zeit halten, manche haben sich bewährt und es gibt sie in ähnlicher Form noch heute. Einen Überblick über aktuelle Formen von Rückenprotektoren finden Sie weiter unten.

Vorteile von Rückenprotektoren gegenüber Sicherheitswesten:

Nachteile von Rückenprotektoren gegenüber Sicherheitswesten:

Insgesamt gesehen eignen sich Rückenprotektoren aus meiner Sicht für Situationen mit geringem Risiko (Dressurreiten, Ausritt auf braven Pferden), in denen man eine vollwertige Sicherheitsweste als übertrieben ansehen mag. Auch in Kombination mit einer Airbag-Schutzweste ist ein Rückenprotektor sicher sehr sinnvoll. Darüber hinaus bieten sich Protektoren zum Beispiel als Alternative für einen Reiturlaub an, wenn Gepäckbeschränkungen die Mitnahme einer Sicherheitsweste unmöglich machen.
In jedem Fall gilt natürlich:
Besser nur einen Protektor als gar keinen Rückenschutz!

Prüfnormen bei Protektoren

(Rücken-)Protektoren sind fast immer nach EN1621-2 geprüft. Dabei handelt es sich eigentlich um eine Prüfnorm aus dem Motorsportbereich. Da es hier aber im Wesentlichen auf die Dämpfung im Wirbelsäulen-Bereich ankommt, ist gegen eine Verwendung dieser Norm im Reitsportsektor nichts einzuwenden, zumal es ja keine entsprechende Norm für Reitsport-Protektoren gibt.
Ähnlich wie bei der EN-Norm für Sicherheitswesten gibt es bei EN1621-2 verschiedene Sicherheitsstufen, je nach Grad der Dämpfung bzw. Restschlagkraft. Im Gegensatz zu Sicherheitswesten hat diese Norm aber nur zwei Stufen: "Level I" und "Level II" - Aus Sicherheitsgründen sollten nur Protektoren gemäß EN1621-2 Level II gewählt werden!
Bitte beachten Sie: "Level II" von EN1621-2 für Protektoren hat nichts mit "BETA II" bzw. "EN13257 Level II" für Reitsport-Sicherheitswesten zu tun! Diese beiden Normen sind nicht vergleichbar.

Kauf und Benutzung von Rückenprotektoren

Die Auswahl an unterschiedlichen Bauformen und verschiedenen Modellen ist sehr groß. Leider bin ich der Meinung, dass viele der angebotenen Protektoren aufgrund von Konstruktion und Bauform nicht zu empfehlen sind. Demnächst werde ich hie einige aus meiner Sicht empfehlenswerte Protektoren vorstellen. Generell sollte beim Kauf auf nachfolgend genannte Punkte geachtet werden.

Passform

Leider werden Rückenprotektoren oft in noch weniger verschiedenen Größen angeboten als Sicherheitswesten. Aber auch hier ist die richtige Größe und Passform wichtig für Tragekomfort und Sicherheit.
Am Wichtigsten ist hier ohne Zweifel die richtige Länge. Wie auch bei Sicherheitswesten gilt hier: Der Protektor sollte so lange wie möglich sein, ohne am Sattel anzustoßen. Leider geben die meisten Hersteller die tatsächliche Rückenlänge nicht an. Dabei wäre diese Angabe sehr hilfreich, da man die Rückenlänge relativ leicht ausmessen kann und man auch einen Vergleich mit vorhandenen / geliehenen Protektoren oder Sicherheitswesten machen könnte.
Darauf achten sollte man auch, dass der Protektor oben nicht zu lang ist und nicht (durch Hochrutschen) das Genick gefährdet. Exakte Angaben dazu sind aber meiner Meinung nach schwierig, daher verzichte ich hier lieber darauf.
In der Weite sind die meisten Protektoren zum Glück recht gut verstellbar, so dass es hier nicht so viele Probleme geben sollte. Entscheidend ist, dass der Protektor fest und eng anliegt ohne einzuschnüren. Der Protektor darf sich weder nach oben oder unten noch seitlich nennenswert verschieben lassen!
Rückenprotektoren sollen - mehr noch als Sicherheitswesten - möglichst körpernah getragen werden. Nur so ist sichergestellt, dass der Protektor bei einem Sturz wenig verrutscht. Das Tragen eines Protektors über einem Turnierjackett (wie oft zu sehen) ist daher sehr ungünstig.

Bauformen aktueller Rückenprotektoren

Wie oben schon erwähnt, die Urform des Rückenprotektors für Reiter ist nicht mehr zeitgemäß. Schon vor Jahren gab es in Internetforen Empfehlungen von einzelnen Reitern zur Verwendung von Motorrad Protektoren im Reitsport. Grundsätzlich ist gegen eine Verwendung von Protektoren aus dem Motor- oder Alpinsport natürlich nichts einzuwenden, solange sie die Passanforderungen im Reitsport erfüllen. Das muss jeder Reiter für sich selbst entscheiden. Im Folgenden beziehe ich mich natürlich nur auf Protektoren, die explizit für den Reitsport angeboten werden. In wieweit diese speziell für den Reitsport entwickelt wurden oder ob es sich um "umgelabelte" Protektoren aus anderen Bereichen handelt, ist nicht nachvollziehbar aber letztlich auch irrelevant.
Man kann das derzeitige Angebot an Protektoren im Reitsporthandel grob in drei Gruppen einteilen, die ich im folgenden vorstellen möchte.

Steeds "Flex-Foam"

I. Rückenprotektoren mit Gurtsystem

Diese Protektoren haben noch am meisten Verwandtschaft mit dem "Ur-Rückenprotektor". Der Rückenschutz wird ähnlich wie ein Rücksack getragen, mit Schultergurten und Bauchgurt kann der Protektor recht gut fixiert werden. Das Gurtsystem muss dabei so eingestellt werden, dass der Protektor nur wenig seitlichen Bewegungsspielraum hat. Außerdem ist unbedingt darauf zu achten, dass der Protektor nicht so weit hochrutschen kann, dass er eine Gefahr für die HWS darstellt.
Je nach genauer Bauweise können diese Befestigungsgurte allerdings etwas unbequem sein und einschneiden. Das muss man am jeweiligen Modells selbst ausprobieren.

Waldhausen Swing P06

II. Rückenprotektoren in Westenform

Hier handelt es sich quasi um Westen, meist vorne mit Reißverschluss. Diese Westen bestehen in der Regel aus dünnem elastischem Stoff, am Rücken ist der Protektor eingearbeitet. Durch das luftige Material und das Fehlen von Gurten sind diese Protektoren wohl am angenehmsten zu tragen. Sofern nicht zusätzliche Gurte vorhanden sind, wird bei diesen Westen der Rückenschutz jedoch nicht ausreichend fixiert und hat zu viel Bewegungsspielraum, so dass er bei einem Sturz verrutschen kann. Aus diesem Grund kann ich diese Form von Protektoren leider NICHT empfehlen.

Waldhausen Swing P07

III. Rückenprotektoren mit zusätzlichem Schutz im Brustbereich

Diese Protektoren haben oft schon viel Ähnlichkeit mit einer richtigen Sicherheitsweste. Während der Rücken (mehr oder weniger breit) mit einem dicken Protektor gut geschützt ist, sind im Brustbereich nur recht dünne Schutzpolster vorhanden. Deren Schutzwirkung kann ich schwer abschätzen, sicherlich besser als gar kein Schutz, aber überwerten sollte man diesen wohl nicht. Im Schulterbereich und seitlich bestehen diese Protektoren oft nur aus Stoff und bieten somit dort gar keinen Schutz.
Es gibt diese Rückenprotektoren (ähnlich wie Sicherheitswesten) mit oder ohne Front-Reißverschluss, die Weitenverstellung erfolgt (ebenso wie bei Sicherheitswesten) mit Klett. Damit ist in der Regel eine gute Fixierung möglich.
Durch den erweiterten Schutzbereich sind diese Protektoren natürlich nicht mehr ganz so luftig bieten aber immer noch praktisch unbegrenzte Bewegungsfreiheit. Wegen des zusätzlichen Schutzes, vor allem aber wegen der guten Fixierung und des hohen Tragekomforts würde ich diese Protektor am meisten empfehlen.
Beim Kauf eines solchen Protektors hat man aber ähnlich wie bei Sicherheitswesten dann auch wieder das Problem, eine passende Größe zu finden. Oft gibt es diese Protektoren sogar in noch weniger Größen als Sicherheitswesten. Da kann es dann auch schon wieder schwierig werden, ein in Länge und Weite passendes Modell zu finden.
Aus der oben genannten Gruppe III der Rückenprotektoren möchte ich ein paar Modelle explizit erwähnen, die ich für empfehlenswert halte und in meinen Augen ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis aufweisen.

Waldhausen Swing P07

UVP 99,95 Euro (Kindergrößen 89,95 Euro)
Mit einem Reißverschluss im Frontbereich und seitlichen Klettverschlüssen ist dieser Protektor leicht an- und auszuziehen und gut in der Weite verstellbar. Die sehr dünnen Polster im Frontbereich bieten dort bestenfalls einen Minimalschutz. Aber der Protektor ist durch seine Bauweise gut fixiert und recht bequem zu tragen. Ich benutze ihn selbst in Verbindung mit einer Airbag-Weste.

USG Precto Flexi 2.0

Wird nicht mehr produziert.
Dieser Protektor in Panel-Bausweise erinnert an ähnlich gebaute Sicherheitswesten. Da er keinen Reißverschluss hat muss er über den Kopf angezogen werden, was vielleicht ein wenig umständlich sein mag. Verschluss und Verstellung erfolgen mit seitlichen Klettverschlüssen. Grundsätzlicher bietet auch dieser Protektor einen guten Schutz im Wirbelsäulenbereich und einen eingeschränkten Schutz im Brustbereich.

USG Precto Dynamic Fit

UVP 129,90 Euro (Kindergrößen 104,95 Euro)
Dieser Protektor ist etwas ähnlich aufgebaut wie der oben genannte Waldhausen Swing P07. Vorteil ist der sehr weite Verstellbereich am Bauch.
Was mir negativ aufgefallen ist: Der Rückenschutzt besteht aus kleinen quadratischen(!) Plättchen (vermutlich mehrlagig) ähnlich wie die Sicherheiswesten von USG. Daher ist der Rückenteil auch sehr flexibel. ABER diese Plättchen können sich etwas gegeneinander verschieben. Im günstigeren Fall gibt es dann außen eine Delle, das schaut halt nicht so schön aus. Es könnten sich aber auch innen Druckstellen bilder. Mit etwas Mühe gelingt es dann zwar schon, die Rückenplatte wieder glatt zu bringen. Optimal ist das aber ganz sicher nicht.

Alle Texte und Bilder auf dieser Seite sind urheberrechtlich geschützt.
Soweit nicht anders angegeben © Martina Grebler